“Jack the Ripper”
Theater-AG des Otfried-von-Weißenburg-Gymnasiums begeistert an zwei Abenden mit dem Stück „Jack the Ripper“
„Zeitungsleute sind die größten Verbrecher von allen“ – so jedenfalls beschreibt Inspector Abberline, der gegen „Jack the Ripper“ ermittelt, seine Erfahrungen mit den Medien. Und am Ende von „Jack“, einer „kriminalistischen Fantasie über Jack the Ripper“, die von der Theater-AG des Dahner Otfried-von-WeißenburgGymnasiums am Sonntag und Montag aufgeführt wurde, meuchelt der berüchtigte Massenmörder den unsympathischen Sensationsjournalisten.
Die Aufführung der Theater-AG unter Leitung von Stefan Waechter hat das Publikum überzeugt. Das Stück von Cornelia Wagner zeigt die düstere Realität um den berüchtigten und grausamen Prostituiertenmörder, der nie gefasst wurde, und über dessen Identität letztlich nur Spekulationen bleiben – auch die, dass es sich um eine Person aus wohlhabenden Bevölkerungsschichten handelte, die ihrem perversen Treiben nachging und gegen den die Polizei mit ihren rustikalen Methoden am Ende machtlos war. Dennoch hatte das Publikum auch mal Grund zum Lachen, wenn in der Inszenierung absichtlich grob überzeichnet wurde.
Der Londoner Distrikt Whitechapel ist geprägt von hoher Arbeitslosigkeit und Prostitution. Das betrifft auch die Hauptpersonen des Stückes: Joseph Barnett, ein Hilfsarbeiter, steht nahezu mittellos da und macht hin und wieder beim Glücksspiel einen kleinen Gewinn. Seine Lebensgefährtin Mary Jane Kelly, eine ehemalige Prostituierte, wird am Ende vom Ripper grausam zugerichtet, als sie sich aus der Not heraus wieder ihr Geld auf der Straße verdienen will. Die Warnungen von Joseph vor dem Frauenmörder nutzen nichts – es kommt zur letztlich zur Tragödie.
Jack the Ripper tritt als der geheimnisvolle Fremde auf – immer mit ist sein mysteriöser Koffer, in dem etwas sei, „was Frauen gar nicht mögen“. Der Mörder fühlt sich vollkommen sicher und schockt die Behörden, in dem er nach einem Mord eine menschliche Niere zur Polizei schickt. Die andere Hälfte habe er gegessen, teilt der Ripper schriftlich mit. „Es war sehr gut“.
Die Inszenierung beleuchtet die gesellschaftliche Szenerie am Ende des 19. Jahrhunderts. Das Leben im Viertel ist geprägt von Armut, Arbeitslosigkeit und Prostitution. Einkehr finden die armen Gestalten im heruntergekommenen Pub Britannia. Die Polizei steht mangels positiver Ermittlungsergebnisse in der Kritik der Öffentlichkeit, die Boulevardpresse druckt ihre Sensationsartikel und dem Inspektor werden sogar die Bluthunde zur Spurensuche verweigert. Letztlich bekommt der Inspektor auch nach seinem Rückzug die Häme der Presse mit: „Warren gibt auf – erstes prominentes Opfer“ wird da getitelt. Und was ist mit dem Ripper? Nun, ein gewisser George Hutchinson liefert sogar eine recht genaue Beschreibung des Täters mit Goldkette und Hufeisenstecknadel. Doch auch das hilft am Ende nicht weiter.
Die Inszenierung des düsteren Stoffes hat überzeugt, gerade weil auch die gesellschaftlichen Missstände deutlich herausgearbeitet wurden. Und die Polizei macht sich zum Gespött – ein Polizist in Frauenkleidern soll den Ripper entlarven, was misslingt und am Ende spöttische Kommentare nach sich zieht. Eine lehrreiche Inszenierung, die mehr als bloßen Horror zu bieten hat, sind doch die gesellschaftlichen Mechanismen übertragbar auf die Gegenwart – was den Aufschrei der Massen betrifft und die manchmal unrühmliche Rolle jener, die mit dem Verderb, Gerüchten und wilden Spekulationen um die Hintergründe von Kriminalfällen ihr Geld verdienen.
Hans Scharf (Die Rheinpfalz)